Sicher kennen Sie den wenig erbaulichen Ausspruch: Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans nimmer mehr.
Und oft entspricht dieser Ausspruch ja auch der Beobachtung. Aber woran liegt das? Ganz einfach: Kinder sind noch daran gewöhnt, ständig neues zu erlernen – und Erwachsene in der Regel nicht.
Machen wir mal wieder einen kleinen Ausflug in die Gehirnforschung:
Die meisten Menschen haben eine falsche Vorstellung darüber, wie unser Gedächtnis funktioniert. Die meisten Menschen stellen sich unser Gedächtnis vor wie ein Glas. Je mehr ich hinein schütte, umso voller wird es und irgendwann ist es eben voll und dann passt nichts neues mehr hinein. Sie glauben also, beim Erwachsenen sei „das Glas voll“, und wenn sie neues Lernen, dann muss etwas altes aus dem Glas entfernt werden, damit für das neue Platz ist.
Die moderne Gehirnforschung sieht das allerdings anders. Unser Gedächtnis funktioniert vielmehr wie ein Netz (der Fachausdruck ist „cluster“). Das heißt: Wenn wir etwas Neues lernen, dann haben wir kleine Wissensinseln die Zusammenhanglos in unserem Gedächtnis nebeneinander existieren. Der Zugriff auf diese Wissensinseln ist noch relativ schwierig. Kommen nun neue Wissensinseln hinzu, entstehen die ersten logischen Verbindungen zwischen mehreren diese Inseln. Dadurch wird das Wissen stabiler in unserem Gedächtnis verankert und der Zugang zu dem Wissen wird einfacher. Je mehr neue Wissensinseln dazukommen, umso mehr logische Verbindungen entstehen und umso stabiler ist die Speicherung.
Das bedeutet also: je mehr Wissen schon vorhanden ist, um so EINFACHER ist es, neues Wissen aufzunehmen.
Deshalb gibt es Fachkräfte, Kapazitäten, die eine riesige Menge an Wissen in ihrem Fachgebiet jeder Zeit abrufen können – und der Laie staunt.
Eine schockierende Studie des deutschen Buchhandels hat allerdings gezeigt, dass etwa 80% der Menschen nach ihrer Ausbildung kein einziges Buch mehr lesen.
Bei diesen Menschen passiert nach der Ausbildung also folgendes: da das aus der Ausbildung vorhandene Wissen nicht mehr ständig benötigt wird, gehen einzelne Wissensinseln wieder im Meer unter. Dabei wird die Verbindung zu anderen Wissensinseln zerstört, die daraufhin nicht mehr zugänglich sind und ebenfalls im Meer versinken. Eine Kettenreaktion setzt ein. Irgendwann ist nur noch das an Wissen vorhanden, was täglich benötigt wird.
Wenn so ein Mensch nun etwas Neues lernen möchte, fällt ihm das anfänglich sehr schwer – und zwar nicht, weil er älter geworden ist und erwachsene langsamer lernen als Kinder, sonder weil er aus der Übung ist und sich erst wieder ein neues Netzwerk von Wissensinseln und Verbindungen aufbauen muss. Kinder haben diese Netzwerk und deshalb fällt ihnen das Lernen leichter – es gibt aber auch genügend Erwachsene, die dieses Netzwerk noch haben, auch nach der Ausbildung ständig neues gelernt haben und denen es dementsprechend leicht fällt, ihr Wissen ständig zu erweitern.
Auch ich selber stelle immer wieder fest, dass sich die Geschwindigkeit, mit der ich neue Musikstücke lerne in den letzen 20 Jahren ständig gesteigert hat.
Also keine Angst vor neuem Wissen – je mehr Sie wissen, desto einfacher wird es, neues zu lernen!

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